Offenes Ohr für andere
Ein offenes Ohr für andere. Gut zuhören können. Einfach für andere da sein. Das ist die Grundvoraussetzung für jemanden, der sich beim Besuchsdienst Ulmer Westen ehrenamtlich engagiert. Gerhard Klein kann das.
Autor: BEATE STORZ | 29.08.2012
Hermann Fundel ist ein rüstiger Rentner. Ihm geht es gut. Er hat auch soziale Kontakte. Aber eben keine echten Freunde. Kein Wunder. Da sind eben schon viele gestorben. Er hat aber Gerhard Klein. Das ist ein Freund. Der 82-Jährige verlässt mehrmals täglich das Haus, um in der Bibliothek neuen Lesestoff zu besorgen, einzukaufen oder zum Mittagessen zu gehen. Es ist also nicht die Einsamkeit, die den Besuchsdienst Ulmer Westen für ihn notwendig macht. Aber es tut gut, sehr gut sogar, dass Klein kommt. Er liebt Gespräche mit Gerhard Klein. Fundel: „Mit meinen Nachbarn wechsle ich kaum ein Wort. Die müssen entweder viel arbeiten oder ziehen viel um. Da freue ich mich auf die Treffen und Gespräche mit Gerhard Klein.“
Ein Flyer des Besuchsdienstes, zufällig in seine Hände geraten, hat Gerhard Klein zu seinem Ehrenamt gebracht. Ihn interessieren Menschen jeden Alters und er hat auch die Zeit und Muße, um sich um einige zu kümmern. Der 48-Jährige ehemalige Apotheker hatte früher viel Kontakt mit den Kunden – nicht nur Beratung, auch ein Pläuschchen war wichtig. Jetzt ist er Vertreter für pharmazeutische Produkte. Mit Apothekern hat er zwar noch immer zu tun, doch das beschränkt sich auf geschäftliche Kontakte. Da fällt kein persönliches Wort. „Ich lebe alleine. Das ist kontraproduktiv für meine soziale Ader. Im Ehrenamt kann ich sie ausleben.“
Anfang 2010 stieß er zum Besuchsdienst, seit einer intensiven Schulung besucht er regelmäßig Hermann Fundel. Die beiden waren sich auf den ersten Blick sympathisch, die Chemie stimmt einfach. Gemeinsam machen sie Spaziergänge oder gehen einkaufen. „Neulich habe ich mit ihm ein neues Fernsehgerät gekauft. Es war gut, dass ich dabei war, jetzt hat er ein Gerät, dass er problemlos bedienen kann.“ Die Gespräche sind intensiv und gehen über Alltäglichkeiten weit hinaus. Meist dreht es sich um das aktuelle politische Tagesgeschehen oder über Bücher, die Fundel gerade gelesen hat. Auch Klein profitiert: „Er ist ein interessanter Mensch, er liest und weiß viel.“
Klein besucht auch noch einen 30-jährigen Mann, der unter psychischen Problemen leidet und deshalb auf soziale Unterstützung angewiesen ist. Mit ihm macht Gerhard Klein einmal im Monat einen Ausflug. Manchmal treffen sie sich im Café und unterhalten sich. „Ich liebe Menschen, egal wie alt sie sind. Ich könnte mir auch vorstellen, Kindern beim Lernen zu helfen.“
Klein ist gerne für den Besuchsdienst Ulmer Westen engagiert, weil er als Ehrenamtlicher bei seiner Arbeit immer unterstützt wird. Selbst anpacken kann der Apotheker: Bei der Einrichtung des Café Canapé in der Söflinger Straße, wo sich die Nachbarschaft aus dem Ulmer Westen trifft, hat er kräftig mitgeholfen und so manchen Dübel erfolgreich gesetzt.
Foto: SWP
1 von 2 Gerhard Klein (links) mag die Gespräche mit Hermann Fundel: „Er liest viel und weiß viel.“ Foto: Beate Storz